Volksgarten Letmathe

Der Volksgarten ist eine öffentliche Parkanlage in Nähe der Letmather Innenstadt. Mit seinem alten Baumbestand, großzügigen Rasenflächen und einem malerischen Teich lädt der Volksgarten zur Erholung ein. Ein Spaziergang durch die Grünanlage führt den Besucher in städtischer Umgebung zurück zur Natur. Parkbänke entlang des verzweigten Wegenetzes ermöglichen ein ausgiebiges Verweilen und Genießen. Zwei Spielplätze bieten den Kindern Raum zum Toben und Spielen. Regelmäßig stattfindende Veranstaltungen wie „Musik im Park“ oder das „Klang- und Lichterfest“ bereichern das kulturelle Leben Letmathes.

Volksgarten (1960er Jahre) - Teich mit Schwänen und Rondel. Hier fanden vor dem Bau der Musikmuschel (1978) die musikalischen Veranstaltungen statt.
Volksgarten (1960er Jahre) – Teich mit Schwänen und Rondell.

„Das Betreten der Wälder ist verboten“
Der Gedanke zur Anlage des Parks entstand 1921, als Industrialisierung und die Verkehrszunahme zu erheblichen Luftverschmutzungen führten. Zinkhütte und Schwefelsäurefabrik hatten bereits der Vegetation des Burgbergs erhebliche Schäden zugefügt. Das Bedürfnis der Letmather Bürger nach frischer Waldluft konnte nur erheblich eingeschränkt befriedigt werden, da die hiesigen Waldbesitzer bei Androhung von Anzeigen verboten hatten, ihre Wälder zu betreten.

Die Bevölkerung war empört! Es entstand eine bürgerschaftliche Bewegung, die, angeführt vom Bürger- und Verkehrsverein (heute: Heimatverein Letmathe), das Projekt Volksgarten ins Leben rief.

Schreiben des Bürger- und Verkehrsvereins an die Gemeindevertretung Letmathe vom 26. Oktober 1927:

Infolge des anhaltenden und immer vernehmlicher werdenden Drängens der gesamten Letmather Bevölkerung hat sich unser Verein in mehreren Sitzungen, an denen auch verschiedentlich Herr Amtmann Pöggeler und Herr Amtsbaumeister Jaeger teilgenommen haben, mit dem Volksgarten-Projekt befaßt und ist dabei zu der Überzeugung gekommen, daß der Beginn des Ausbaues desselben nicht gut mehr länger hinausgeschoben werden kann. Wir richten daher an die löbliche Korporation die Bitte, die verschiedenen Möglichkeiten der Verwirklichung des Planes zu erwägen und baldigst einen Beschluß herbeizuführen, der den Ausbau des Volksgartens sicherstellt.
Zur regsten Mitarbeit an dem schönen Plan sind wir jederzeit bereit.

Leere Kassen erforderten Eigeninitiative! Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde nach dem Ersten Weltkrieg und der Inflation ließen eine schnelle Realisierung nicht zu, bürgerschaftliches Handeln war gefordert. Es mangelte nicht an Ideen und Taten zur Geldbeschaffung. Konzerte der Letmather Gesangvereine, Basare, eine Saalkirmes im Februar 1925 sowie eine Wald- und Gartenbau-Lotterie 1926 brachten 15.000 Mark. Mit weiteren 10.000 Mark aus der Gemeindekasse wurde ein 15 Morgen großes Grundstück aus der Klusenwiese vom Fürsten zu Bentheim in Erbpacht genommen. 1942 wurde das gesamte Gelände von der Stadt Letmathe käuflich erworben.

Vertrag zwischen der Gemeinde Letmathe und dem Bürger- und Verkehrsverein (heute: Heimatverein Letmathe) über den Bau und den Unterhalt des Volksgartens:

Zwischen der politischen Gemeinde Letmathe, vertreten durch den Herrn Bürgermeister Pöggeler und den Herrn stellvertretenden Gemeindevorsteher Vieler einerseits, und dem Bürger- und Verkehrsverein e. V. Letmathe, vertreten durch dessen Vorstand andererseits, wird folgender Vertrag geschlossen:

Die Gemeindevertretung hat am 8. November 1932 den Ausbau des Volksgartens nach den Plänen des Amtsbauamtes und nach dem dazugehörigen Kostenanschlage vom 17. Oktober 1932 im Wege der Fürsorgearbeit beschlossen. Der Bürger- und Verkehrsverein Letmathe stellt sein für diesen Zweck an gesammeltes Volksgartenvermögen in der Höhe von 14.000 Mark und weitere 1.000 Mark aus seinem Beitragskonto der Gemeinde Letmathe zur Verfügung.

Die Gemeinde verpflichtet sich, die oben genannten Gelder ausschließlich für den Ausbau des Volksgartens zu verwenden. Das oben genannte Kapital wird auf ein besonderes Konto bei der Sparkasse der Ämter Letmathe und Oestrich in Letmathe überwiesen. Beide Vertragspartner sind sich darüber einig, daß dieses Geld durch die Überweisung auf ein besonderes Konto in das Eigentum der politischen Gemeinde Letmathe übergeht. Soweit das Geld für den Ausbau des Volksgartens nicht verwandt wird oder verwandt werden kann, so fließt es in die Kasse des Bürger- und Verkehrsvereins zurück.

Die Gemeinde und der Bürger- und Verkehrsverein sind sich auch darüber einig, daß bei dem ersten Abschnitt des Volksgartens keine Überschreitung der Kostenanschlagsumme eintreten soll, und daß gemeindliche Gelder hierfür nicht aufgewandt werden dürfen. Die Arbeiten zum Ausbau des Volksgartens sollen spätestens am 31. Dezember 1933 beendet sein.

Für die Betreuung des Volksgartens wird eine besondere Kommission gewählt. Diese besteht aus je 3 Herren der Gemeindevertretung und des Bürger- und Verkehrsvereins und dem Herrn Bürgermeister als Vorsitzenden. Die Zuständigkeiten dieser Kommission werden noch durch Gemeindebeschluß bestimmt.

Letmathe, den 3. Februar 1933

Die Kostenübersicht weist einen Betrag von 12.656,55 Mark aus, für Unvorhergesehenes werden 1.000 Mark eingeplant und für Unterhaltung für 5 Jahre standen 1.500 Mark zur Verfügung.

Am 8. November 1932 beschloss die Gemeinde den Bau des Volksgartens im Wege der Fürsorgearbeit. Von den 800 Erwerbslosen, die es 1933 in Letmathe gab, wurden 30-50 Arbeiter mit sogenannten Notstandsarbeiten, die dem öffentlichen Wohle dienten, am Volksgarten eingesetzt. Gärtner Josef Metzler aus Letmathe, welcher auch Entwürfe eingereicht hatte, führte die Anpflanzungen durch.

Mitteilung des Arbeitsamtes an die Gemeinde Letmathe:

Die uns durch den Herrn Amtsbaumeister bekanntgegebene Arbeit „Anlage eines Volksgartens in der Gemeinde Letmathe“ ist als Fürsorgearbeit geeignet. Bedenken unsererseits bestehen nicht, wenn die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 32 Stunden erreicht, der Tiefbauleiter-Tarif in Anwendung kommt, die Zuweisung durch unsere Nebenstelle Letmathe erfolgt und die Fürsorgearbeiter bis zur Beendigung der Arbeit beschäftigt werden. Bei Durchführung der Arbeit nach diesen Grundsätzen würde eine Kollision mit § 217 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung nicht Platz greifen.

Auszug aus dem Auftrag der Gemeinde Letmathe über die Bepflanzung des Volksgartens vom 10. Februar 1934:

Gärtnermeister
Herrn Josef Metzler
Letmathe
Bepflanzung des Volksgartens
Auf Grund Ihres Kostenanschlages vom Januar d. J. übertrage ich Ihnen hiermit die Lieferung des Pflanzenmaterials für den Volksgarten der Gemeinde zu folgenden Bedingungen:
1. Für die Lieferung soll das beigefügte Pflanzverzeichnis maßgebend sein einschließlich der darin enthaltenen Preise. Letzterer (der Auftragnehmer) haftet auch 1 Jahr für das Wachstum und ersetzt alle im Frühjahr 1935 nicht angegangenen Pflanzen.
2. Der Auftragnehmer übernimmt die Pflanzung unter Zuhilfenahme der von der Gemeinde gestellten Arbeitskräfte zu einem Stundenlohn von 0,90 Mark.

Schlageterpark
In einer Gemeinderatssitzung am 31. März 1933 wird auf Vorschlag der Zentrumspartei beschlossen, den Volksgarten nach dem Widerstandskämpfer Albert Leo Schlageter „Schlageterpark“ zu benennen.
Albert Leo Schlageter (* 12. August 1894 in Schönau im Schwarzwald (Baden); † 26. Mai 1923 auf der Golzheimer Heide, Düsseldorf) war Soldat im Ersten Weltkrieg und Angehöriger verschiedener Freikorps. Schlageter war Mitglied der NSDAP-Tarnorganisation Großdeutsche Arbeiterpartei. Während der französisch-belgischen Ruhrbesetzung war er militanter Aktivist und wurde wegen Spionage und mehrerer Sprengstoffanschläge von einem französischen Militärgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet. Schlageter wurde in der Weimarer Republik nach seiner Hinrichtung nicht nur von rechten Kreisen zur Märtyrerfigur erhoben, sondern erfuhr „über Parteigrenzen hinweg“ erhebliche Sympathien. Die nationalsozialistische Propaganda machte aus Schlageter den „ersten Soldaten des Dritten Reiches“ und begründete einen „Schlageter-Kult“. (Quelle: Wikipedia)

Volksgarten - Blick nach Nordwesten (1960er Jahre)
Volksgarten – Blick nach Nordwesten (1960er Jahre)

Nach eineinhalbjähriger Bauzeit wurde der Park am 24. August 1934 unter dem Namen Schlageterpark (bis 1945) der Öffentlichkeit übergeben. Im Laufe seiner Geschichte wird der Volksgarten wiederholt umgestaltet und erweitert, so in den Jahren 1959 und 1976. Im Jahre 1978 wird im Volksgarten eine Konzert-Muschel installiert.

Volksgarten (1970er Jahre). Das abgebildete Rondell diente vor dem Bau der Musikmuschel (1978) als Bühne für die musikalischen Veranstaltungen.
Volksgarten (1970er Jahre). Das Rondell diente vor dem Bau der Musikmuschel (1978) als Bühne für die musikalischen Veranstaltungen.

Der Volksgarten – attraktiv mit begeisternden Veranstaltungen

Heimatverein und Volksgarten
Zwischen Heimatverein Letmathe, dem Nachfolger des Bürger- und Verkehrsvereins, und dem Volksgarten besteht bis heute ein besonderes Verhältnis. Ja, man kann sagen, der Volksgarten ist die Anlage, in der sich der Heimatverein den Bürgern darstellt durch Veranstaltungen, die er für die Bürger ausrichtet. Dabei lassen die einzelnen Abschnitte der verschiedenen Vorsitzenden besondere Eigenarten erkennen. Fritz Ley schuf mit seinem Vorstand der 50-er Jahre die unvergessenen Parkbeleuchtungen, die Lichtfeste mit großem Feuerwerk, Paul Gottschalk erfand die „Musik im Park“, und unter seiner Führung wurde die Musikmuschel gebaut. Die Gartenwirtschaft wird unter Mithilfe des Wirtevereins, des SGV und des Hausfrauenbundes eingerichtet. Dieter Oelze führte die „Musik im Park“ fort, und weitere Musikangebote vervollständigten das Programm. Udo Gantenbrink führte ein Open-Air-Komzert durch und richtete das Café im Park ein, welches regelmäßig von Letmather Vereinen ausgerichtet wird. All diese Aktionen machen den Volksgarten zu einem Mittelpunkt, wo sich Bürger zwanglos begegnen und freuen können.
Im Laufe seines Bestehens erfuhr der Volksgarten mancherlei Veränderungen. Der Spielplatz im nordwestlichen Teil mit Delphin wurde im erweiterten nördlichen Teil großzügiger wieder aufgebaut. Nach Osten wurde der Park um ein erhebliches Stück vergrößert und lädt mit seinen zahlreichen Ruhebänken zum Verweilen ein. Schließlich erfuhr der Volksgarten durch eine Neugestaltung des Haupteingangs an der Berliner Allee und das Aufstellen von Monumenten aus Sandstein eine weitere Aufwertung.

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